Die Sammlung Amerikas

Kustodin der Abteilung: Dr. Mona B. Suhrbier

Der besondere Schwerpunkt der Sammlung Amerikas liegt auf den Kulturen des Tieflandes von Südamerika und dessen angrenzenden Gebieten. Fast die Hälfte des Gesamtbestandes kommt aus diesem Bereich. Die Mehrzahl dieser Stücke wurde nach dem zweiten Weltkrieg auf Sammel- und Forschungsreisen z.T. von Museumsmitarbeitern und Mitarbeiterinnen, z.T. von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Frankfurter Frobenius-Instituts erworben. Die wichtigsten Sammler waren in Bolivien Karin Hissink bei den Tacana (1952/54), den Chimane und Chama (1969); Heinz Kelm bei den Yuracaré und Mbía (1977) und bei den Mojo und Chiquito (1982); in Peru Mark Münzel bei den Jívaro (1970er-Jahre). In Venezuela sammelten und forschten Otto Zerries und Meinhard Schuster bei den Yanomami (1954/55), Mark Münzel bei den Kamayurá (1967/68 und 1988/89) und Mona Suhrbier bei den Guarani (1999/2000). Weitere Sammlungen aus dem Tiefland erwarb das Museum von R. Wegener aus Bolivien und Paraguay (1930), Boris Malkin aus Kolumbien (1970er-Jahre), Argentinien (1985/86) und Brasilien (1965); aus Peru, Shipibo, von Carmen Binder (1966) und Willig (1988), aus Brasilien von Lothar Petersen (1950er Jahre) und Luiz Boglár, Kayapó (1988).

Sogenannte Volkskunst aus Mittel- und Südamerika macht ein weiteres Viertel der Sammlung aus. Karin Hissink stellte einen Querschnitt der Volkskunst aus Mexiko (1962) und Guatemala (1970) zusammen, Mark Münzel sammelte in den Zentralanden Boliviens und Perus (1972). Weitere Sammlungen stammen von Fischermann (1982) und Bernd Schmelz (1993).

Die indigenen Kulturen Nordamerikas (einschließlich der Inuit) sind im Gesamtbestand mit vergleichsweise wenigen Objekten vertreten. Es sind zumeist Einzelstücke aus verschiedenen Regionen. Viele sind sehr alt; einige stammen von einer Reise des russischen Admirals Ferdinand Baron von Wrangel entlang der Westküste Nordamerikas (1834) und gehören zu den ältesten Ethnografika des Museums überhaupt. Ein Teil dieses Bestandes ist seit fast 30 Jahren als langfristige Leihgabe im Ledermuseum Offenbach ausgestellt.

Nennenswerte frühe Nachlässe stammen u.a. von Eckhard (1883) und Konsul Stromsdörfer (1890). Besonders archäologische Funde aus Alt-Amerika wurden dem Museum in Nachlässen zum Geschenk gemacht, aber auch mit anderen Museen getauscht oder in Galerien gekauft. Zu nennen sind die Sammlungen Hasso von Winning aus Alt-Mexiko (1963, 1965/66) und Martin Arndt aus Alt-Peru (vor dem 2. Weltkrieg zusammen getragen).

Im Bereich zeitgenössische Kunst wurden zunächst bestehende Sammlungen erworben: Zeichnungen der Guarani von Egon Schaden (1949/50) und Rindenbastmalereien der Tukuna von Hans Willig (1984). Seit Ende der 1980er-Jahre wird von der Abteilungskustodin Mona B. Suhrbier zeitgenössische Kunst als Sammelschwerpunkt aufgebaut: Auf Forschungsreisen (1988, 1990, 1999/2000, 2008) stellte sie einen Querschnitt populärer brasilianischer Kunst zusammen. Eine Sammlung afro-brasilianischer Kunst legte Erica Jane de Hohenstein im Auftrag des Museums an (1992/93). Neue indianische Kunst aus Brasilien wurde gesammelt von Gustaaf Verswijver (aus den 1970er-Jahren): Kayapó; Mona B. Suhrbier (1999/2000): Guarani und Tukano; Ulrike Prinz (2000): Mehinako; sowie aus Peru von Luiz Eduardo Luna (1991/92). Die Gemälde und Zeichnungen entstanden meist während Forschungsaufenthalten und können auch als „ethnografische Quellen“ gelten. Im Bereich indigene Kunst aus Nordamerika wurden Einzelstücke in Galerien erworben oder dem Museum von der Galeristin Dorothee Peiper-Riegraf und dem Freundeskreis des Museums gespendet. Eine Sammlung zeitgenössischer Inuit-Kunst schenkte die Familie Jäger (1990er-Jahre).

Die Ziele beim Sammeln passen sich veränderten Bedingungen an: Unterschiedliche internationale Abkommen regeln heute die Aus- und Einfuhr von nationalem Kulturerbe und unter den Artenschutz fallende Materialien. Archäologika der alten Hochkulturen Mittel- und Südamerikas oder Federschmuck von Amazonasindianern können deshalb aus ethischen Gründen nicht mehr für ein Museum erworben werden, es sei denn Privatsammler oder Ethnologen verschenken oder vererben in früheren Zeiten erworbene Objekte. Vielerorts in den Amerikas werden alte Handwerke aufgegeben oder es entwickeln sich neue Kunsthandwerke und Künste. Eine wichtige Orientierungsschnur beim Sammeln bleibt der Grundsatz, bestehende Sammlungen zu aktualisieren und Regionalschwerpunkte auszubauen.