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Die Nase des Sultans. Karikaturen aus der Türkei

Am 8. August eröffnet im Museum der Weltkulturen aus Anlass der Frankfurter Buchmesse die Ausstellung Die Nase des Sultans - Karikaturen aus der Türkei . Initiiert und organisiert wird die Ausstellung von der türkischen Kulturinitiative Diyalog in Kooperation mit dem Museum der Weltkulturen und der Friedrich-Ebert-Stiftung Türkei. Sie ist Teil des offiziellen Sonderprogramms Türkei - Faszinierend Farbig innerhalb dessen sich die Türkei als Ehrengast auf der Buchmesse 2008 in ihrer kulturellen Vielfalt präsentiert.

Haben Muslime Humor?
Diese Frage beschäftigt die Europäer seit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen aus Dänemark. Die Ausstellung Die Nase des Sultans - Karikaturen aus der Türkei zeigt anhand von ausgewählten, alten und neuen Beispielen türkischer Karikatur, was für eine zentrale Rolle die Satire in der Türkei als Form der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung seit Sultanszeiten spielt.

In der Ausstellung werden Karikaturistinnen und Karikaturisten vorgestellt, die in der Türkei Klassiker sind: seit den Fünfziger Jahren wirkende Zeichner wie Turhan Selçuk und Tan Oral bestechen durch intellektuelle, künstlerische Darstellung und Manifestationen von Prozessen des Wandels etwa der Metropole Istanbul.

Gleichzeitig zeigt die Ausstellung erstmalig in Deutschland eine repräsentative Auswahl der jüngeren Generation türkischer Karikaturisten. Freche tagespolitische Zeichnungen aus der Presse, starke Frauen und die Zeichner der Satirezeitschriften „LeMan”, „Penguen“ und „Uykusuz“ sind die zentralen Akteure der zeitgenössischen türkischen Karikatur.

Neben den Arbeiten der Karikaturisten gibt der dokumentative Teil der Ausstellung einen breiten hintergründigen Einblick in Geschichte und Bedeutung der türkischen Karikatur seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts.

Es fing alles mit einer Nase an. Sultan Abdülhamit II (1842-1918) hasste Anspielungen auf sein formidables Riechorgan derart, dass er selbst das Wort Nase durch die Zensur komplett verbieten ließ. Eine Stilvorlage für die Meister des spitzen Stiftes. Keine Nase war je wieder ein so beliebtes Objekt ihres Spotts.

Das künstlerische Medium Karikatur entstand in der Türkei ebenso wie in Europa im Zuge politischer Reformen im letzten Jahrhundert des Osmanischen Reiches. Ebenso wie der Karikaturenstreit international die weltpolitischen Spannungen widerspiegelt, reflektieren auch die kritischen Karikaturen aus der Türkei alle politischen und sozialen Konflikte des Landes. Ein zentrales Thema ist dabei ebenfalls seit über hundert Jahren die Auseinandersetzung mit Europa.

Aufs Korn genommen wird so ziemlich alles, was sich sonst in der Tagespresse nur selten findet: die Landflucht, das übermächtige Militär, Geschlechterrollen, Familienstrukturen, prügelnde Polizisten, mafiöse Politiker, Gewalt gegen Frauen, Kinder und Minderheiten, sich wandelnde Moralvorstellungen, Cyberwahn, die Rolle der Religion, die Orientalismen des Westens und die Stereotypen über den Westen.