Depot Weltkulturen Museum. Foto: Peter Wolff
Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus Indonesien und Ozeanien
Das Weltkulturen Museum widmet sich in diesem Forschungsprojekt der Provenienz menschlicher Überreste aus Indonesien und Ozeanien. Im Zentrum stehen die sterblichen Überreste von elf Individuen, die Anfang des 20. Jahrhunderts im Kontext kolonialer Aneignungspraktiken nach Frankfurt gelangten – von der Insel Sumatra sowie aus dem Osten Neuguineas. Ziel des sechsmonatigen Projekts ist es, die Identitäten und Herkunftsgeschichten dieser Menschen aufzuarbeiten, ihre Biografien soweit möglich zu rekonstruieren und damit eine Rehumanisierung der Verstorbenen zu ermöglichen. Perspektivisch sollen – in Absprache mit den jeweiligen Herkunftsgesellschaften – Rückführungen an etwaige Nachkommen eingeleitet werden.
Das Projekt untersucht zugleich die Rolle zentraler Akteure, die an der Aneignung der Gebeine beteiligt waren. Dazu gehört vor allem der Museumsgründer Bernhard Hagen (1853–1919), der von 1879 bis 1892 als Arzt für die niederländische Kolonialregierung auf Sumatra und 1893–1895 auf Tabakplantagen in Neuguinea tätig war. Die betreffenden menschlichen Überreste stammen vermutlich aus dem Kontext seiner Tätigkeit als Tropenarzt – Verstorbene könnten Zwangsarbeiter:innen und damit Patient:innen Hagens gewesen sein. Auf zwei der von Hagen angeeigneten Schädel finden sich Name und geschätztes Alter der bzw. des Verstorbenen, wodurch erste Anhaltspunkte gegeben sind. Weitere menschliche Überreste aus dem Norden Sumatras wurden 1911 vom Geografen Wilhelm Volz erworben. Hagen und Volz forschten in derselben Region, was auf mögliche Kontakte oder Bezugnahmen zwischen beiden Wissenschaftlern schließen lässt.
Durch die Kombination von Archivarbeit, Sammlungsanalyse, morphologischer Untersuchung und Kooperation mit Herkunftsgesellschaften schafft das Projekt fundierte Grundlagen für die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte des Museums. Im Rahmen des Projektes werden auch Perspektiven für verantwortungsvolle, respektvolle Maßnahmen im Umgang mit diesen sensiblen Beständen in den Depots sowie in der Datenbank des Museums erörtert.

